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Vortrag «Schweiz-Ruandische Beziehungen vor dem Völkermord an Tutsi 1994» von Thanushiyah Korn

Das Europainstitut lud am 11. April 2024 zusammen mit dem Departement Geschichte der Universität Basel und der Basel Graduate School of History zum öffentlichen Abendvortrag «Schweiz-Ruandische Beziehungen vor dem Völkermord an Tutsi 1994» ein. Die Referentin Thanushiyah Korn, M.A., präsentierte aus ihrer Dissertation den Ausschnitt über die Schweizer Entwicklungspraktiken und ihre Rolle in Ruanda vor dem Völkermord.

In der Forschungslandschaft dominiert das Narrativ, dass die internationale Gemeinschaft im Falle Ruandas gescheitert sei, vor allem, weil Ruanda isoliert und unbedeutend gewesen sei. Korn vertritt mit ihrer Dissertation eine andere Auffassung und zeigt zahlreiche Verflechtungen mit internationalen Akteuren auf, welche während des gesamten Konfliktes im Land waren, so auch die Schweiz. Schweizer Institutionen kooperierten eng mit dem Hutu-nationalistischen, teils extremistischen Regime, tolerierten die Militarisierung des Regimes, verwickelten sich in Parteilichkeit trotz Bekundungen zur Neutralität und setzten ihre Zusammenarbeit trotz organisierter Anti-Tutsi Gewalt fort. Von einer Mitverantwortung für den Völkermord zu sprechen, gehe laut Korn allerdings zu weit. Das Ausmass des Völkermordes sei allerdings auch wegen der Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz möglich gewesen.

Korn bewegt die Frage, wie es in einem Schwerpunkland für Schweizer Entwicklungszusammenarbeit zu einem Völkermord dieses Ausmasses kommen konnte. Um Antworten zu finden, erhielt sie als eine der ersten Forscher:innen Zugriff auf den amtlichen Schweizer Textverkehr aus der Zeit vor dem Völkermord. Ihre ausführliche Untersuchung offenbart ein Bild von Ambivalenzen zwischen Worten und Taten. Die Schweiz sprach sich für Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Demokratisierung und gegen Gewalt aus. Dennoch wurde in den Entwicklungsprogrammen trotz Anzeichen aufkommender Gewalt und Radikalisierung eng mit dem Regime zusammengearbeitet. Ihre Untersuchung der Quellenlage verdeutlicht, wie früh und umfänglich die internationalen Akteure über die Extremisierung in Ruanda Bescheid wussten und dennoch ihre Kooperation ohne grössere Sanktionen fortsetzten.

Thanushiyah Korn ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Europainstitut der Universität Basel. In ihrer Dissertation forscht sie zu der globalen Dimension des Völkermordes in Ruanda - insbesondere im Hinblick auf internationale Institutionen. Sie hat einen Masterabschluss in Globalgeschichte von der Universität Heidelberg.